Hallo Pumpernickel,
grundsätzlich hast du natürlich recht. Wenn es nichts zu verstoffwechseln (=abzubauen) gibt, sind die Bakterien erstens sinnfrei und zweitens höchstens in einem inaktiven Dauerstadium überhaupt überlebensfähig.
Ich meine, die eigentliche Frage ist aber, was du da eigentlich reindosierst, und warum.
Wenn du mal die Herstellerinfos zu NiteOutII anschaust, dann steht da "so lange dosieren, bis kein NH3/NH4/NO2 mehr nachweisbar ist", "bei jedem WW zudosieren" (klassisch also alle 1-2 Wochen Nachdosierung), "bei jedem Fisch-Nachbesatz zudosieren", "Süßwasser" und "Kaltwasserbakterien". Das alles klingt sehr danach, dass die Bakterien zwar (vielleicht) eine Zeitlang im MW-Aquarium überleben und ihren Job machen können, aber keine dauerhaft tragfähige und sich an das Nährstoffaufkommen selbst anpassende (vermehrungswillige) Population bilden werden. Ein Mittel, das solange wirkt, wie man es benutzt... Gutes Geschäftsmodell für Hersteller und Händler, weniger gutes Konzept für den Aquarianer. Infos, welche Bakterienstämme konkret enthalten sind gibts leider keine, sonst könnte man da ja konkreter nachforschen. Jedenfalls gehe ich mal stark davon aus, dass man damit kein Becken "animpfen" kann, so dass das Thema Bakterien danach erledigt wäre. Im Zweifelsfall stellt es eher eine Konkurrenz zur Entwicklung tragfähiger Bakterienkulturen dar.
Auch für SpecialBlend ("für Süß- und Meerwasser"...) wird ein Startdosierungsplan angegeben und sind häufige (14tägig) "Wartungsdosierungen" angegeben. Infos zu den enthaltenen Bakterienstämmen gibts auch keine. Also eigentlich das gleiche Wirkprinzip wie bei NiteOutII, ich frage mich gerade, ob da nicht einfach das Gleiche drin ist.
Fairerweise muss man sagen, dass der Hersteller selbst nirgends suggeriert, man würde damit das Becken für eine dauerhafte Wirkung einmalig "animpfen" können. Das ist wohl eher das Wunschdenken der Anwender.
Natürlich macht es keinen Sinn, die Präparate zu dosieren, wenn gar keine Stickstoffverbindungen da sind. Nur, die Präparate plus NH3/NH4 aus der Flasche zu dosieren, macht genauso wenig Sinn. Die sind wirklich nur dafür da, hier und jetzt vorhandene Stickstoffverbindungen zu oxidieren.
Wirklich tragfähige Archaeen- und Bakterienkulturen bekommst du eher aus dem Meer oder aus gesund laufenden Aquarien als aus Flaschen. Die sitzen auf Ablegersteinen, Schneckenschalen, im Transportwasser von Fischen...
Statt Live Sand könntest du auch eine Handvoll Sand aus einem laufenden Aquarium reintun, oder doch einen kleinen lebenden Stein mit dazupacken... musst du selbst wissen
Mein Tip: Setz ein paar wenige Fische ein, bei 80l z.B. ein Paar junge Clowns und eine Feuerschwertgrundel (oder was du halt im Becken haben willst), dazu alles an geplantem Korallenbesatz, was nicht gerade als empfindlich gilt. Fische füttern, NH3/4 kontrollieren. Die wenigen Fische produzieren nicht allzu viel Ammoniak, und der größte Teil liegt dann eh als Ammonium vor, wenn dein pH nicht deutlich über 8 liegt. Korallen verwerten NH3/4, du hast dann also auch ohne entwickelte Bakterien einen Austrag. NH3/4 wird von den Fischen permanent produziert, also keine Panik, wenn es in deinem Becken nachweisbar ist. Konkret: Dauerhaft <0,02-mg/l Ammoniak gilt als unbedenklich, bei pH8 entspricht das etwa einem Gesamtgehalt NH3/NH4 von 0,5mg/l. Der Test von Salifert ist da ausreichend genau und nach meiner Erfahrung zuverlässig (Referenzlösung). Wenns tatsächlich merklich darüber steigen sollte, kannst du ja mit WW und/oder Bakterienpräparaten gegensteuern (pH um 0,3 absenken halbiert den Ammoniakanteil auch, so als theoretischer Denkansatz ). Für ein paar Tage ist auch der doppelte Wert nicht kritisch.
Deine dauerhaften Bakterien werden sich dann schon entwickeln. Dauert eine Weile, so nach 2-3 Wochen sollte Nitrat nachweisbar sein.
Klar werden Bakterienpräparate beworben mit positiven Wirkungen, es wird auch von "Verarmung" geprochen, weswegen man laufende Becken gelegentlich "auffrischen" sollte... nur kommen solche Aussagen immer von irgendwelchen Händlern oder Herstellern, sonst äußert sich da kaum jemand drüber. Ich gehe auch mal stark davon aus, dass die meisten gut laufenden Aquarien nicht regelmäßig "nachgeimpft" werden.