Hi Basti,
danke für die Unterlagen, die Du noch eingereicht hast. Ich fange dann mal mit meinem ersten Eindruck an und gehe dann den Anamnesebogen Stück für Stück durch.
Deine umfassende Problembeschreibung zeigt zumindest schon einmal deutlich, dass Du mit keiner der bisherigen Maßnahmen die Probleme "getroffen" hast. Letztlich sind einzelne Methode wie anderes Licht, andere Nährstoffversorgung und auch andere Kalkhaushalt-Versorgung nur dann wirksam, wenn das Becken damit auch was anfangen kann. Und hier ist wieder die Frage nach der eigentlichen Ursache, die in dem Fall irgendwo im System steckt. Ich nenne das immer ein "systemisches" Problem.
Auch bei Dir ist das Thema Konstanz ein wichtiger Punkt. Wie Du sicherlich mittlerweile selbst gemerkt hast, bringt es nichts, eine gute Lampe gegen eine andere gute Lampe zu tauschen oder ein gutes Additivsystem gegen das nächste. Ist ja nicht so, dass Du mit der Radion eine schlechte Lampe gehabt hast. Die war vielleicht für Dein Becken nicht gut eingestellt, wie auch immer, aber letztlich ist das alles nicht der entscheidende Punkt.
Daher hoffe ich, dass wir mit dem Anamnsebogen und den Bildern jetzt auch gezielte "systemische" Punkte ansprechen und korrigieren, damit Dein Becken mit dem Licht und ggf. auch mit Nährstoffen besser arbeiten kann.
1) Technikbecken und Refugium: Das Eheim Technikbecken ist wirklich gut konzipiert und von der Anordnung her auch so okay. Im Refugium hast Du glaube ich recht wenig drin. Wäre schön, wenn Du das mal beleuchtet zeigst. Da Du invertiert beleuchtest, könntest Du es ja ausnahmsweise mal kurz am Tag einschalten und ein Bild posten, damit man sieht, was Du da genau drin hast.
Zunächst, ohne die Bilder zu kennen, hätte ich einen Konkurrenzeffekt durch die Algen für nicht unwahrscheinlich gehalten, aber so wie es scheint, ist das alles soweit okay. Dass Du das Refugium extra beströmst ist sehr gut und daher macht ein solches Refugium auch durchaus viel Sinn. Inwiefern Dein Becken trotzdem z.B. mit Mulm beladen ist, kann ich nicht sehen und daher auch nicht beurteilen. Ein TB muss jetzt nicht blitzeblank sauber sein, aber achte darauf, dass sich die Mulmbildung in Grenzen hält!
2) Abschäumer: nach dem Schaum im Abschäumtopf zu urteilen, ist der Abschäumer etwas zu feucht eingestellt. Ich würde Dir raten, den etwas trockener einzustellen (etwas weniger Luft). Das Adsorbat könnte dunkler sein.
3) Beleuchtung: Von der T5-Konstellation her ist das okay, aber ich würde auf 12 Stunden maximal reduzieren. Kann man sich streiten, ob 30 min. mehr oder weniger etwas ausmacht, aber ich ziehe va. in Problembecken bei 12 Stunden die Grenze. Gut laufende Becken kann man gerne auch mal bis 13 Stunden "quälen", aber sobald Probleme da sind, würde ich die Beleuchtung kompakt in definierten Grenzen halten.
Auch Dein Beleuchtungsverlauf ist nach dem Diagramm nicht gleichmäßig. Ich rate dazu, über den ganzen Tag die gleiche Lichteinstellung zu nutzen. Du fährst also mit alle Röhren gleichzeitig hoch und abends gleichzeitig wieder runter. Dabei kannst Du idealerweise auch symmetrisch arbeiten und den Tageshöhepunkt genau in der Mitte wählen. In diesem Zusammenhang poche ich wieder auf das Thema Konstanz und versuche einheitliche Umweltbedingungen zu schaffen, auf die sich das Becken konkret einstellen kann.
4) Strömung: das ist der wichtigste und in meinen Augen kritischste Punkt in Deinem System!
Du hast mit den beiden Pumpen sicherlich genug Leistung, aber in Anbetracht Deiner Gestaltung ist die Frage, wie sich die Strömung verteilt und welche Bereiche in Deinem Becken ausreichend geströmt sind, und welche nicht. Gerade diese "Schneise" nach oben schreibt optisch schon danach, dass es genau dort an Strömung fehlt. Das Wasser wird sich von den Seiten hinten nach vorne zur Scheibe aktiv ausbreiten , dann wird sie an der Scheibe nach unten passiv abgeleitet und bleibt dann am unteren Aufbau "hängen" und sucht sich von dort aus den einfachsten Weg. Da die Pumpen links und rechts angeordnet sind, saugen die Pumpen das Wasser auch wieder schräg an, d.h. das Wasser strömt sich weiter geradeaus den "Hang" noch oben, sondern wird seitlich angezogen. Dadurch entsteht im oberen Beckendrittel bei Dir einen ein Strömungsloch.
Das ist aber nicht das einzige Problem. Du gibst im Ananesebogen an, dass Du nachts auf eine minimale Beströmung runterfährst! Warum machst Du das? Gerade nachts fehlt die Sauerstoffproduktion durch die Photosynthese und eine Koralle, v.a. eine SPS mit starrem Skelett, wird in inneren Bereichen schnell hypoxisch und der CO2-Gehalt steigt an, was den pH-Wert stark absenkt. Daher ist nachts eine gute Beströmung noch wichtiger als am Tag! Die komplette Kolonie atmet nur noch, inkl. aller Bakterien im Korallenschleim, die Zooxanthellen und das Korallengewebe selbst auch!
Stelle also die Strömung bitte so ein, dass Du nachts eine genaue effektive Beströmung hast wie am Tag.
Ich würde Deine Pumpen versuchen, insgesamt etwas weiter nach innen zu richten, damit Du im mittleren Bereich etwas mehr Turbulenz erzeugst, die den genannten hinteren Bereich erfasst. Was Du auch machen kannst, sofern die Controllereinstellungen das mitmachen, dass Du beide Pumpen im Wechsel ansteuerst, d.h. die Leistung ist einmal von links und einmal von rechts jeweils für 30-45 sek. stärker. Dadurch verschiebt sich die Turbulenz-Linie im Becken immer etwas von rechts nach links und darüber kannst Du auch eine bessere Verteilung schaffen.
Achte darauf, dass Du in einem Strömungsmodus arbeitest, die auch in einem niedrigen Wellenschlag immer noch genug Strömung erzeugt. Manchmal sind die Pumpen soweit runtergeregelt, dass die Pumpen bei niedriger Leistung nichts mehr machen. Wenn das in einem random Mode abläuft, kann es sein, dass sich manchmal im Becken 10 min. gar nichts bewegt. Nacht, wie gesagt, bei Sauerstoffmangel, ist das echt kritisch!
5) Futter: auch bei Dir würde ich raten, dass Du auch Frostfutter fütterst und das Ausmaß der Trockenfuttermittel reduzierst. Gerade Pellets sinken schnell ab und beladen dann das Becken mit organischem Mulm. Deine Fische mögen bestimmt auch trockenes Futter, aber eben auch Frostfutter, und das kannst Du auch gezielter füttern als mit einem Futterautomat.
Flocken sind länger im Wasser als Pellets, daher arbeite ich nur mir Flocken und nicht mit schnellsinkenden Pellets! Lieber nur einmal am Tag eine Portion Trockenfutter und dafür abends eine gute Portion Frostfutter.
Durch diese Veränderungen wird Dein Becken weniger belastet! Auf Staubfuttermittel solltest Du aus dem gleichen Grund verzichten, auch wenn es nur einmal die Woche ist.
6) Kalkhaushalt: Du bist mit der KH etwas grenzwertig hoch und mit Calcium auch, ich würde die essentials soweit einstellen, dass sich die KH bei 7 einpendelt. Ansonsten kann es v.a. auch bei dem erhöhten Calciumgehalt zu KH-Fällungen kommen.
Ich habe gesehen, dass Du mit einer 4-Kanal arbeitest und auch alle 4 Kanäle belegt hast. Ist der vierte Kanal für die Meerwasserentnahmen zum Salinitätsausgleich, oder was hängt da genau dran?
7) Eine Sache noch, die ich nur bemerkt habe. Bei Wasserzusätzen hast Du im Anamnesebogen angeklickt "gelegentlich", hast aber nicht gesagt, was Du zugibst. Kannst Du das noch vervollständigen?
8 ) Die Triton-Analys aus März hatte ich mir angeschaut. Da sind einige Werte erhöht, allerdings nicht kritisch und wenn ein Becken richtig ans wachsen kommt, verbraucht sich das auch recht schnell wieder. Iod war auf jeden Fall deutlich zu niedrig. Dosiert Du mittlerweile Iod nach oder hast Du den Wert angepasst? Ein Iodmangel kann durchaus auch Symptome wie Deine verursachen und begünstigen.
Wie gesagt, Strömung ist in meinen Augen das größte Problem, gefolgt von den Lichteinstellungen und va. auch der Fütterungen, und wenn der Iodgehalt nicht angepasst wurde, würde ich das auch dringend empfehlen.
Soweit erstmal zur Auswertung und ersten Beurteilung.
Liebe Grüße
Jörg