Wasserwerte unter der Lupe: CO2 und Kohlensäure

  • Hallo,
    CO2 (Kohlendioxid) spielt eine sehr große Rolle im Meerwasser.
    Es entsteht zum Beispiel bei der Atmung und wird von Algen zur Photosynthese verbraucht.
    Aber fangen wir mal ganz am Anfang und im Süßwasser an.


    CO2 ist farb- und geruchlos. Es ist in der Luft zu etwa 0,036% vorhanden. CO2 ist ein Gas, das sich sehr leicht in Wasser löst. Bei 20°C sind etwa 0,5mg/l CO2 im Wasser. Diesen CO2 Gehalt kann man problemlos durch eine CO2-Düngung erhöhen.
    Und hier fängt nun eine interessante Reaktion an:
    CO2 bleibt zu 99,9% als Gas im Wasser gelöst, doch die anderen 0,1% reagieren mit H2O zur Kohlensäure. (Wobei Kohlensäure, wie der Name schon vermuten lässt, das Wasser ansäuert), der pH-Wert sinkt. Doch anstatt wie bei anderen Säuren das Säurebindungsvermögen zu senken, indem die Carbonate bzw. Hydrogencarbonate zerstört werden, kann man bei Kohlensäure dies in einem nennenswerten Umfang nicht vorfinden. Woran liegt das?
    Wir haben jetzt Kohlensäure im Wasser, diese trifft z.B. auf Calciumcarbonat, das Carbonat reagiert mit der Kohlensäure. Und als Resultat erhält man Calciumhydrogencarbonat. Und das ist: Richtig, ein Ion, das zum Säurebindungsvermögen selbst beiträgt. Oder ziemlich laienhaft ausgedrückt: Carbonate und Hydrogencarbonate sind Salze der Kohlensäure, die Säure kann ihre Salze nicht selber eleminieren.
    Diese Reaktion von Carbonat zu Hydrogencarbonat ist allerdings umkehrbar. Also Calciumhydrogencarbonat kann wieder zu Calciumcarbonat (Kalk) werden. Dazu muss logischerweise die Kohlensäure wieder irgendwie verschwinden. Dazu aber später.
    Es geht noch etwas komplizierter(Ich hoffe, das ist irgendwie verständlich):
    Calciumhydrogencarbonat hat die chemische Formel: Ca(HCO3)2, Kohlensäure hat die Formel: H2CO3. Wenn man sich beide Formeln so anschaut, sieht man dass die Kohlensäure ja irgendwie im Calciumhydrogencarboant mit von der Partie ist. Die Kohlensäure ist am Calcium gebunden, daher nennt man diese Form der Kohlensäure auch gebundene Kohlensäure. Nun ist es so, dass es neben dieser gebundenen Kohlensäure auch freie Kohlensäure gibt, die nicht an Ca oder Mg gebunden ist. Diese freie Kohlensäure hat die wichtige Aufgabe, die Calcium- bze. Magnesiumhydrogencarbonate wasserlöslich zu halten.
    Doch manchmal ist viel mehr freie Kohlensäure im Wasser vorhanden, als für diese Aufgabe nötig ist. Diese Kohlensäure ist überschüssig. Im wasserwerk wird diese Kohlensäure entfernt, da sie in der Lage ist, Rohre anzugreifen.
    Wenn diese überschüssige Kohlensäure entfernt ist, besteht ein Gleichgewicht, es fällt weder Kalk aus, noch werden Rohre angegriffen.
    Und nun kommen wir zu dem Vorgang, den ich oben schon angerissen habe.
    Wird die Kohlensäure entzogen passiert etwas unschönes. Es gibt keine Kohlensäure mehr, die die Hydrogencarbonate in Lösung halten, das Wasser wird instabil, Carbonate können ausfällen. Bei diesem Vorgang wird Kohlensäure frei und die KH sinkt und somit auch das Säurebindungsvermögen.
    Wer jetzt das Bedürfnis hat, mich zu steinigen, soll noch etwas warten. Es geht noch weiter.


    Biogene Entkalkung.
    Boah, was ist das denn nun schon wieder?
    Pflanzen brauchen zum Gedeihen CO2. Ist genug freies CO2 im Wasser, ist alles in Lot. Aber was passiert, wenn im Aquarium kein freies CO2 mehr vorhanden ist? Pflanzen sind in der Lage, das in der Karbonathärte gebundene CO2 zu ihrer CO2-Bedarfsdeckung zu nutzen. Die Fähigkeit ist aber von Pflanzenart zu Pflanzenart sehr verschieden, d.h. es gibt Pflanzen, die diesen Prozess aus dem ff können und Pflanzen, die sich damit schwer tun. Hat man nun Vertreter beider Gattungen im Becken, sind die Pflanzen, die diese Fähigkeit im hohen Maße haben, natürlich im Vorteil gegenüber den Pflanzen, die das nicht so gut beherrschen. Diese Pflanzen gehen dann mit hoher Wahrscheinlichkeit ein. Zu den Pflanzen, die das gut können gehört z.B. die Egeria densa.
    Was geschieht nun, wenn die Pflanzen, das CO2 aus den Karbonaten verbrauchen?
    CaHCO3 <-> CaCO3+H2O+ CO2 (Caciumhydrogenkarbonat <-> Calciumcarbonat + Wasser + CO2).
    Wie schon erwähnt ist Calciumcarbonat nicht wasserlöslich und verursacht Kalkablagerungen. Dies geschieht dann auch im Aquarium. Es kommt zu Ablagerungen von Calciumkarbonat auf Pflanzenblättern, Rändern der Wasseroberfläche, Heizer etc.
    Das größte Problem stellt aber der dabei entstehende pH-Wert-Anstieg da. Er kann durchaus Werte bis 9 und höher erreichen. Das ist schon sehr schädlich für die Fische. (Achtung: der pH-Wert Anstieg kommt dadurch zustande, dass die Pflanzen das Hydrogencarbonat in CO2 und OH-Ionen aufspalten. Und OH-Ionen, das habe ich schon geschrieben, reagieren alkalisch, der pH-Wert steigt).
    Gleichzeitig wird natürlich auch die KH und die GH weniger (das Calcium der GH ist im Kalk gebunden und nicht mehr im freien Wasser).


    CO2 im Meerwasser
    Wie ich oben schon erwähnte, besteht zwischen der Umgebungsluft mit ihrem CO2-Gehalt und dem Wasser ein Gleichgewicht. Dies ist im Meerwasser nicht anders. Steigt daher der CO2 Gehalt im Raum, besteht zwischen dem CO2 Gehalt im Becken und der Luft ein Defizit. Dieses Defizit wird ausgeglichen, indem CO2 von der Raumluft ins Becken diffundiert, dabei sinkt auch der pH-Wert. Umgekehrt geht es auch, wenn der CO2-Gehalt im Becken ansteigt (Atmung) wird CO2 in die Raumluft abgegeben. Dies geschieht natürlich bei starker Wasserbewegung (Pumpen, vor allem aber auch Abschäumer) wesentlich schneller und effektiver als bei ruhigem Wasser.
    Da unsere Becken ja gegenüber dem Meer ja nur Pfützen sind, hat der CO2 Gehalt des Beckens starke Auswirkungen auf den pH-Wert. So kann man morgens durchaus einen um 0,5 Einheiten niedrigeren pH-Wert haben, als abends. (Korallen und Algen verbrauchen über Tage einen Großteil des CO2).
    Wie auch im Süßwasser kann es daher zu einer Über-bzw Untersättigung von CO2 kommen. Durch starken Besatz mit Algen und Korallen kann es auch hier zu einem Kohlendioxid-Mangel kommen. Der pH-Wert steigt dabei an und kann Werte über 8,6 erreichen.
    Bei einer Übersättigung sinkt der pH-Wert.
    Gute Wasserbewegung, keine Kahmhaut und ein gut gelüfteter Raum sind schon mal gute Ansätze, um eine Über- bzw Untersättigung zu vermeiden. Im Einzelfall muss man weitere Maßnahmen ergreifen (Kalkreaktor überprüfen, Tierbesatz etc.)


    Abschluss: CO2 KH und pH sind untrennbar miteinander verwoben. Ändert sich ein Parameter, wird ein anderer mit geändert. Im Meerwasser haben wir sehr viel Calcium, normalerweise müsste man ja sehr viel an freier Kohlensäure benötigen, um dieses als Calciumhydrogencarbonat wasserlöslich zu halten. Doch im Meerwasser spielen andere Ionen, indem sie diese Reaktion hemmen, eine Rolle.
    Noch ein Hinweis: ein steigender CO2-Gehalt in der Atmosphäre hat auch starke Auswirkungen auf das Biotop Meer. Dadurch, das jetzt mehr CO2 ins Meerwasser gelangen kann, wird das Meerwasser saurer, sehr zum Schaden von den Korallen.
    lg
    Beate

  • liebe beate,


    ich ahbe den eindruck bei deinen texten koennen wir uns den diskussionsthread eigentlich sparen.
    hast du mal darueber nachgedacht ne give-away-broschuere zu erstellen fuer anfaenger, das waere sehr gut!!


    und du kannst es:)

  • Hallo,
    erst mal Danke für all das Lob. ^^
    lutz: ich habe tatsächlich mal einen broschürten Leitfaden für Neuaquarianer geschrieben, allerdings für Süßwasser. :rolleyes:
    Ob ich das für Meerwasser machen würde/ könnte, kann ich im Moment nichts zu sagen. War nämlich eine ganz schöne Arbeit.


    lg
    Beate

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