Wasserwerte unter der Lupe - was bedeutet KH, Säurekapazität, Säurebindungsvermögen?

  • Karbonathärte (KH), Säurebindungsvermögen und Säurekapazität
    Um diese Begriffe zu veranschaulichen,gehe ich erst einmal in den Süßwasserbereich. ^^


    KH oder Karbonathärte:


    Obwohldies für die modernen Wasserchemiker ein antiquierter Begriff ist, sollte man wissen, was der eigentlich bedeutet. Dazu mal ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit:
    Jeder kennt das: in manchen Gegenden braucht man Unmengen von Seife, damit es schäumt in anderen Gegenden reicht ein Fitzelchen. Dies war vor allem für Hausfrauen bei der Wäschepflege ein Ärgernis. Dann machte man die Entdeckung, dass bei abgekochtem Wasser weniger Seife gebraucht wird. Die Wasserhärte war also unter Einfluss von Hitze gesunken, allerdings unter Zurücklassen vom so genannten Kesselstein (Kalk).


    Wasserchemisch passiert Folgendes: Im Wasser befinden sich positiv geladene Teilchen (Kationen) und negativ geladene Teilchen (Anionen). Zu den wichtigsten Kationen gehören die Erdalkalien Magnesium und Calcium, zu den Anionen gehören die Hydro­gencarbonate. Nun ist es so, dass in vielen Gewässern diese Hydrogencabonate als Kationenpartner die Erdalkalien Magnesium und Calcium haben. Es ist also Calciumhydrogencarbonat und Magnesiumhydrogencarbonat im Wasser vorhanden. Durch Hitze wandeln sich die Hydrogencarbonate um in Carbonate. Diese Carbonate werden in Verbindung mit ihrem Kationenpartner Cal­cium und Magnesium zu Calcium/Magnesiumcarbonat. Dieses ist aber wasserunlöslich und fällt als Kalk aus. Da in dem Kalk auch Magnesium und Calcium gebunden ist, sinkt die Wasserhärte, man braucht weniger Seife.


    Und nun zum Begriff KH: Als KH bezeichnete man den Teil der Wasserhärte, der als Carbonat ausfällen kann. Und dies ist ganz wichtig: Nur Carbonate, die Erdalkalien zum Partner haben, können ausfällen und sind wasserunlöslich. Carbonate, die andere Kationen wie Natrium oder Kalium als Partner haben, sind wasserlöslich und können daher nicht ausfällen.


    Säurekapazität:


    Oder genauer gesagt: Säurekapazität bis pH:4,3. Die oben schon kennengelernten Hydrogencarbonate haben ein wichtige Eigen­schaft: sie können Säure neutralisieren. Säure, wie der Name schon aussagt, ist in der Lage das Wasser anzusäuern. Ob das Wasser sauer ist oder das Gegenteil (alkalisch, basisch) wird ausgedrückt im pH-Wert. Neutrales Wasser (wo also weder Säuren noch Ba­sen überwiegen) hat einen pH-Wert von 7. Je niedriger der pH-Wert desto saurer, je höher der pH-Wert, desto alkalischer ist das Wasser. Die pH-Wert-Skala geht von 0-14. Die Hydrogencarbonate verhindern nun beim Eintrag von Säure in das Aquariumwas­ser, dass der pH-Wert urplötzlich absinkt. Dabei werden die Hydrogencarbonate zerstört und es entsteht Kohlensäure.
    Ein Beispiel: Schüttet man Salzsäure in ein Wasser mit genügend Hydrogencarbonat ensteht aus dem Calciumhydrogencarbonat in Verbindung mit der Salzsäure als Endprodukt Calciumchlorid und Kohlensäure. Diese Schutzfunktion besteht so lange wie Hydrogencarbonat vorhanden ist. Und hier ist der wichtigste Unterschied zur KH. Für die Säurekapazität ist es völlig unerheblich, welchen Kationenpartner die Hydrogencarbonate haben. Es gibt durchaus Wässer wo ein Großteil der Hydrogencarbonate Nat­rium als Partner haben. (Auch so genannte Neutralaustauscher in Hausanlagen produzieren so ein Wasser). Aber in diesen Wäs­sern funktioniert die Neutralisierung von Säuren genauso gut wie in Wässern, wo die Hydrogencarbonate Mg und Ca als Partner haben.
    Noch mal zum Verständnis: Ein Neutralaustauscher tauscht sämtliche Kationen gegen Natrium aus. Die Hydrogencarbo­nate bleiben unverändert, haben jetzt aber als Kationenpartner nur noch Natrium. In diesem Wasser ist also durchaus Säurekapa­zität vorhanden und auch messbar (nämlich der Anteil der Hydrogencarbonate), aber das Wasser hat wasserchemisch gesehen eine KH von 0. (Denn wie oben gelernt gehören zur Karbonathärte unbedingt die Kationenpartner Ca und Mg.) Und wieso Säurekapa­zität bis pH 4,3? Bei diesem pH-Wert existieren keinerlei Hydrogencarbonate mehr, der pH-Wert rauscht schnell ab.


    Säurebindungsvermögen:
    Da gehe ich auch kurz drauf ein. Das Säurebindungsvermögen wird naturgemäß maßgeblich von den Hydrogencarbonaten be­stimmt. Im Aquariumwasser allerdings können Substanzen sein, die ihrerseits auch in der Lage sind Säure zu binden. Ihre Puffer­wirkung ist allerdings wesentlich schwächer als die der Hydrogencarbonate, aber durchaus vorhanden. So geben zum Beispiel Torf und Erlenzapfen Wirkstoffe ab, die eine gewisse Pufferwirkung haben. Auch das Vorhandensein von hohen Phosphatwerten (ge­nauer das Dihydrogenphosphat) beeinflusst das
    Säurebindungsvermögen des Aquariumwassers.


    Die praktische Bedeutung: Will man mit Hilfe der üblichen Tropftests für Aquarianer die KH in solchen Aquarien bestimmen, hat man ein Problem. Die KH Tests messen das gesamte Säurebindungsvermögen im Wasser, erfassen also auch die Pufferwirkung der anderen Substanzen. Als Ergebnis bekommt man einen zu hohen KH-Wert angezeigt. Es treten also + Fehler auf. Ganz übel wird es dann, wenn man dieses Ergebnis als Grundlage nimmt, um den CO2-Gehalt des Aquariumwasser zu bestimmen. Das funktioniert hinten und vorne nicht.



    Zusammenfassung:
    Von der Karbonathärte spricht man, wenn die Hydrogencarbonate Erdalkalien als Kationenpartner haben. Von der Säurekapazität spricht man, wenn überhaupt Hydrogencarbonat im Wasser ist, unabhängig vom Kationenpartner. Haben die Hydrogencarbonate nur Eralkalien als Kationenpartner ist die Karbonathärte = Säurekapazität. (Allerdings muss man die Einheiten umrechnen). Die Säurekapazität ist identisch mit dem Säurebindungsvermögen, es sei denn im Wasser sind Substanzen, die außer den Hydrogencar­bonaten in der Lage sind Säure zu puffern (z.B. Wirkstoffe vom Trof, Erlenzapfen). Wenn dies der Fall ist, ist das Säurebindungs­vermögen höher als die Säurekapazität. Da KH-Tests nicht nur die Hydrogencarbonate erfassen, sondern auch die anderen Stoffe, die puffern, erhält man einen falsch hohen KH-Wert.


    Was ist nun im Meerwasser?
    Obwohl in der Meerwasseraquaristik auch von KH gesprochen wird, ist der Begriff Alkanität zielführender.
    Alkanität kann man hier gleichsetzen mit dem Begriff Pufferwirkung oder um einen Begriff von oben zu benutzen: Säurebindungsvermögen. Im Meerwasser wird auch der überwiegende Teil dieses Säurebindungsvermögen von den Carbonaten und Bicarbonaten bestimmt. Aber eben nicht nur. Weitere Puffer im Meerwasser sind: Borat, Silikat, Orthophosphate und Magnesium. Diese haben zwar nur eine geringen Anteil, aber der ist da. Unsere Tests werden aber auch von OH- Ionen beeiflusst.


    Praxis: Um die Alkanität zu erhöhen, wird ja gerne Natriumhydrogencarbonat benutzt. Und an diesem Beispiel wird deutlich wie irreführend der Begriff KH eigentlich ist. Denn nochmal: ohne Ca und Mg als Partner keine KH. Wir erhöhen mit dem Mittel die Pufferwirkung.


    Und noch ein Beispiel: Kalkwasser hat eine hohe Konzentration von OH- Ionen. Das Wasser ist also extrem basisch. Diese Basen müssen vom KH-Test erst neutralsiert werden. Ergebnis ist ein sehr hoher KH-Wert.
    lg
    Beate
    P.S. Der Begriff KH hat sich eingebürgert und wird auch weiter benutzt werden. Ich benutze den ja auch, nur sollte man wissen, was sich dahinter eigentlich verbirgt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Peter () aus folgendem Grund: Link zur Diskussion eingefügt.

  • Hallo Beate,


    das Interessiert uns sogar sehr !


    Wenn Du so lieb wärest, dann darfst Du das gern tun, wir haben hier nun auch bald einen Quasi Wettbewerb, wo wir genau solche Themen suchen.


    Es gibt da auch was zu Gewinnen :6_small28:


    P.s. Da muss ich Dich mal sehr Loben, Du schreibst immer sehr schöne Berichte und Fachlich sind die immer sehr Hochwertig !

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