Dinoflagellaten

  • Einführung
    Dinoflagellaten, oder auch oft kurz Dinos genannt, zählen wohl zum Alptraum des Aquarianers. Oft liest oder hört man "ich habe mir Dinos eingeschleppt". Tatsächlich sind in jedem Becken Dinoflagellaten zu finden, ob sich diese jedoch in einem Übermaß vermehren und zur "Braunen Pest" entwickeln, hängt von zahlreichen, noch nicht vollständig bekannten, Faktoren ab.
    Es gibt über 1000 bekannte Arten von Dinoflagellaten. Hierbei handelt es sich um einzellige Algen, die unter anderem auch die Symbiosealgen unserer Korallen, die sogenannten Zooxanthellen bilden. Leider produzieren einige Arten Toxine und können daher andere Lebewesen gefährden, wenn es zu einer übermäßigen Ausbreitung kommt. Zu diesen Arten zählen auch diejenigen, die wir als braune Beläge in unserem AQ finden.
    Autotrophe Arten nutzen Photosynthese zur Energieversorgung (wie z.B. die Zooxanthellen), heterotrophe Arten sind in der Lage organisches Material (Kieselalgen, Detritus) aufzuspalten und somit auch in der Lage in völliger Dunkelheit zu überleben, was insbesondere erklärt, warum einige Aquarianer bei der Bekämpfung mit Dunkelheit und photosynthese hemmenden Mitteln (PhycoEx) etc. keine oder kaum Erfolge erzielen konnten.


    Erkennung
    Sehr häufig werden die braun-roten Beläge mit Cynos verwechselt und monatelang versucht durch Zugabe diverserer Bakterienpräparate die vermeintlichen "Cynos" zu bekämpfen. Die heterotrophen Dinos freuen sich selbstverständlich über die Nahrungsquelle in Form von Bakterien und blühen richtig auf. Die einzige zuverlässige Möglichkeit Dinos zu erkennen ist die Verwendung eines Mikroskops. Alle anderen Arten der Bestimmung (z.B. Alkoholtests) sind unzuverlässig und sorgen im schlimmsten Fall für eine völlig falsche Art der Bekämpfung.
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    Unter dem Mikroskop sind Dinos sehr leicht zu erkennen: Sie sind gelblich/orange, oval und meist sehr beweglich, weshalb sie auch oft als "Autoscooter" bezeichnet werden. Im Aquarium lassen sich die Beläge durch Wedeln auflösen. Die Beläge sind am Tag deutlich stärker als Nachts, bei den autotrophen Varianten sogar oft vollständig verschwunden.



    Mögliche Ursachen
    Es ist nicht vollständig bekannt, welche Faktoren zu einer massenhaften Vermehrung im AQ führen kann, sowohl sehr junge Becken, bei denen die Beckenbiologie noch nicht stabilisiert ist, wie auch eingefahrene, sehr nährstoffarme Becken sind davon betroffen.
    Ausgangspunkt der Ursachenbekämpfung ist also die zuverlässige Messung von Nährstoffen wie Phosphat und Nitrat, welche sich in einem stabilen Bereich befinden sollten (Phosphat 0,05-0,01, Nitrat 5-10mg/L). Bei der Nitratmessung ist zu beachten, dass diese nur zuverlässige Resultate liefert, wenn kein Nitrit im Becken nachweisbar ist. Andernfalls verfälschen die Nitritwerte die Messung. Derzeit befindet sich ein Produkt von Peter Gilbers in der Entwicklung, welches in der Lage sein soll, kombiniert Nitrit und Nitrat zu messen. Da insbesondere Phosphatwerte in einem sehr niedrigen Bereich gemessen werden müssen, ist eine Prüfung des Phosphattests mit Referenzflüssigkeiten unabdinglich.
    Eine Hauptnahrungsquelle der heterotrophen Dinoflagellaten sind Kieselalgen, daher sollte zunächst sichergestellt sein, dass das Becken möglichst frei von Kieselalgen ist. Hierzu wird die Verwendung von Silikatfiltern oder Vollentsalzern empfohlen. Umkehrosmose filtert kein Silikat!
    Sollte man jedoch feststellen, dass das Becken sehr geringe Nährstoffkonzentrationen aufweist, könnte sich eine Nährstofflimitierung als Ursache für die Infektion herausstellen. Besonders mit Zeolith betriebene Becken scheinen eine erhöhte Anfälligkeit für eine Infektion zu besitzen.Eine Theorie ist, dass die in den Korallen lebenden Zooxanthellen bei Nährstoffmangel abgestoßen werden und sich dann in die begeißelte, frei bewegliche Form wandeln. Sie sind in der Lage von der autotophen Ernährung (mit Licht) auf die heterotrophe Ernähnung umzuschalten. Die Wandlungsfähigkeit dürfte auch erklären, warum nach einer zunächst erfolgreichen Behandlung mit Algeziden, die Infektion verstärkt wiederkehrt und anschließend resistent gegen die photosynthese hemmenden Mittel ist.
    Als weitere Ursache wird auch die Beleuchtung bzw. das Spektrum der Beleuchtung diskutiert. Viele Aquarianer fahren durch den Einzug von LED-Beleuchtung ihre AQs viel zu blaulastig, was einen hohen Strahlungsstress für die Korallen bedeuten kann: Die Lichtfarbe gaukelt den Korallen vor, sich in 20 Metern Tiefe zu befinden, die Lichtintensität der meist kurz oberhalt der Wasserfläche platzierten HighPower-LEDs ist jedoch im Verhältnis viel zu hoch. Der Strahlungsstress könnte ebenfalls Auslöser für das Abstoßen der Zooxanthellen sein. Finden diese dann weitere günstige Bedingungen vor, werden daraus Dinoflagellaten. Auch dies ist derzeit eine noch nicht bewiesene Theorie.


    Bekämpfung
    Wie bei allen Problemen im AQ ist zunächst die Optimierung der Wasserwerte Grundlage einer Bekämpfung. Bei nährstofflimitierten Becken sollte der Abschäumer zeitweise abgeschaltet werden und ggf. gezielt Filtermatten eingebracht werden (biologischer Mattenfilter), die den Nitratwert erhöhen können. Hierbei sind die Wasserwerte täglich zu kontrollieren, um einen zu schnellen und übermäßigen Anstieg zu vermeiden.
    Die Zugabe von Spurenelementen (auch durch Wasserwechsel) ist unbedingt zu vermeiden, da dies die Vermehrung fördert. Auch die Zugabe von Bakterien sollte ausgesetzt werden.
    Aus persönlichen Erfahrungen würde ich vor dem Einsatz von Algeziden, wie PhycoEx zunächst prüfen, ob die Behandlung Aussicht auf Erfolg verspricht. Dazu sollte das Becken 24h komplett abgedunkelt werden. Sollten die Beläge auch nach erneutem Einschalten der Beleuchtung deutlich reduziert sein, handelt es sich um autotophe Dinoflagellaten, die mit PhycoEx behandelt werden sollten. Die Behandlung kann bis zu 4 Wochen dauern, sollte es aber spätestens 3 Wochen nicht zu einer deutlichen Besserung kommen, sollte man ggf. alternative Behandlungsmethoden in Betracht ziehen. Zooxanthellen scheinen in gewisser Weise zunächst vor dem Zellgift des Produktes geschützt zu sein, doch aus eigener Erfahrung werden auch diese irgendwann angegriffen. Wenn das Becken sehr nährstoffarm ist, scheint die Anfälligkeit der Zooxanthellen besonders hoch zu sein, diese sind nämlich nicht in der Lage, wie ihre heterotrophen, frei schwimmenden Geschwister, auf alternative Energiequellen zurückzugreifen.
    Der Erfolg der Behandlung lässt sich nur mit dem Mikroskop kontrollieren. Dazu sollten vorwiegend vom Bodengrund Proben untersucht werden, die keine beweglichen Dinos mehr zeigen sollten.
    Wenn der Lichtentzug und die Behandlung mit einem Algezid keine Verbesserung aufweist, scheint es sich um heterotrophe Dinos zu handeln. Diese sind sehr schwierig zu bekämpfen, da diese in der Lage sind, wie die übrigen Lebenwesen im Becken (Fische etc.), von der eingebrachten Nahrung zu leben. Ziel bei dieser Art der Bekämpfung ist es, andere günstige Faktoren für diese Dino-Art zu verschlechtern. Hier wird z.B. die Erhöhung des PH-Wertes auf 8,6 durch Zugabe von Kalkwasser oft empfohlen, scheint aber auch nur gewisse Dinoflagellaten Arten zu betreffen.
    Während normalerweise das Mantra "Finger aus dem Becken und geduldig sein" in der Meerwasseraquaritik Sinn macht, sollte bei Dinoflagellaten in bereits etablierten Becken nicht zu lange abgewartet werden, um eine Schädigung der anderen Beckenbewohner zu verhindern. Spätestens wenn die Beläge zusammenhängende Teppiche bilden und Korallen oder Gestein überziehen muss gehandelt werden. Bei sehr jungen Becken, die sich noch in der Einfahrphase befinden, kann Abwarten durchaus Sinn machen. Es gibt zahlreiche Berichte, wonach sich das Problem von allein gelöst hat.

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